Visitationsbericht 2023

von: Elke Kaindl (2. Vorstand)

Liebe Paten/-innen, liebe Sponsoren/-innen,

mein Name ist Elke Kaindl, 2. Vorstand von Alpha-Care-Kenya e.V. und Unterstützerin von Hope-Foundation-Kenya. Ich nehme euch heute mit auf meine

Erste Visitationsreise im Sommer 2023

… oder eines meiner unglaublichsten und beeindruckendsten Reisen meines Lebens…. Wer träumt nicht von einem Urlaub in Kenia: herrliches Wetter, weiße Strände, azurblaues Meer, luxuriöse Hotels und eine spektakuläre Safaritour auf den Spuren der Big Five? Diverse Internetplattformen bieten das an und vor meiner Abreise wurde mir von meinem Bekanntenkreis Kenia so oder so ähnlich beschrieben. Bis auf das herrliche Wetter hatte meine Kenia-Reise nichts mit den oben genannten Punkten zu tun und auch wenn es in der einen oder anderen Situation beschwerlich und anstrengend war, bin ich sehr froh das ostafrikanische Land und dessen Einwohner fernab der Touristenhochburgen kennengelernt haben zu dürfen. Am 24. August hieß es für Michaela und mich „Goodbye Deutschland“. Ich würde lügen, wenn ich behaupte, nicht nervös und aufgeregt gewesen zu sein. Kurz vor der Abreise gehen einen noch etliche Dinge durch den Kopf, von „Habe ich alles Wichtige eingepackt?“ bis „Vielleicht wäre es doch besser gewesen, Malaria-Prophylaxe eingenommen zu haben?“. Als Vorbereitung auf die Reise habe ich einen Reiseführer gelesen. Zum einen um mich mit dem Land und dessen Geschichte auseinander zu setzen und zum anderen ein Gefühl für Kenia zu bekommen. Unter anderem stand da eine lange Liste mit empfohlenen Impfungen und jenen Prophylaxen, die ich mir nicht besorgt habe und dies auf dem Weg zum Flughafen bereute. Mich beruhigte auch Michaelas Verhalten, denn man sah ihr an, dass auch sie etwas angespannt war, obwohl sie bereits mehrmals nach Kenia geflogen ist. Letztendlich überwogen die Vorfreude und Spannung. Schon längst wollte ich meine Freundin nach Kisumu ins Mutter-Kind-Haus begleiten. Jedoch ließ sich das all die Jahre nie mit meinem Studium vereinbaren und zuletzt waren Auslandsaufenthalte wegen der Corona Pandemie nicht möglich. Umso glücklicher war ich, dass es nun endlich so weit war. Von Michaela wusste ich schon viel über die Schützlinge, die Betreuerinnen Lavender und Jennipher und den Projekten vor Ort. Sie ist mit einer solchen Begeisterung und Hingabe für Alpha-Care-Kenya e. V. / Hope-Foundation-Kenya aktiv, nimmt ihr Umfeld mit in das Mutter-Kind-Haus und schafft eine Beziehung zu den Kindern wie kein anderer. Michaelas Engagement und Leidenschaft für den Verein war auch über die komplette Zeit unseres Besuchs spürbar.

Elke Kaindl mit Janet

Ankunft in Kenia

Am frühen Morgen landeten wir in Hauptstadt Nairobi – das erste Mal, das ich afrikanischen Boden unter meinen Füßen hatte. Begrüßt wurden wir von einer lauen Luft, die einen warmen Tag versprach und zu meinem Entsetzen von den ersten Moskitos. Mit dem frischen Stempel im Reisepass und unserem schweren Gepäck ging es mit dem Taxi weiter zur „Easy Coach“-Station, dem größten Fernbusunternehmen Kenias. Auf dem Weg dorthin versuchte ich so viel wie möglich von Nairobi aufzunehmen. Auffällig war hier schon dieses – für Europäer – dichtgedrängte wilde Verkehrschaos bestehend aus Autos, LKW´s und Mopeds, die ihre besten Tage schon hinter sich hatten, dennoch unverwüstlich zu sein schienen. An der Busstation
herrschte das gleiche geschäftige Menschengewimmel wie schon auf der Straße und die Eindrücke, die ich sammelte, überschlugen sich. Die Busstation war auch der Ort, an dem ich das erste Mal mit den afrikanischen Toiletten Bekanntschaft machte. Kulturschock! Für 10 kenianische Schilling gab es vor den Toiletten vier oder fünf dünne Toilettenpapierblätter, bereits feinsäuberlich zusammengefaltet und aufgestapelt. Aufgrund meiner Hautfarbe brauchte ich nicht in der Schlange anstehen; ich wurde durchgewunken und bekam direkt Zutritt. Zudem Zeitpunkt war mir das total unangenehm. Mir wurde das Gefühl vermittelt etwas Besseres zu sein, über den Afrikanern zu stehen – einfach, weil ich Europäerin bin. Am Ende der Reise sah ich diese Situation mit anderen Augen: diese Geste ist keine Unterwerfung; es ist viel mehr deren überaus freundliches Wesen, es ist ihre Art der Gastfreundschaft. Der eigentliche Schock war für mich der „Spülvorgang“ auf der Hocktoilette. Diese ist ja aus Urlauben in Italien oder Frankreich bekannt. Jedoch sucht man einen Knopf oder Seilzug zum Betätigen der Spülung vergebens. Gespült wird „manuell“. Aus einer großen Wassertonne, die vor den Kabinen steht, schnappt man sich den Plastikbecher sobald er frei ist, schöpft sich damit Wasser und wäscht damit sein „Geschäft“ in den Abfluss und mit der nächsten Wasserladung wird der komplette Kabinenboden unter Wasser gesetzt – fertig! Die Busfahrt war lang, sehr lang. Für keine 400 km von Nairobi nach Kisumu waren wir ca. 8 Stunden unterwegs, was an den vielen Bremsschwellen auf der Fahrbahn lag. Michaela hat mich noch vor dieser Tortur gewarnt, ich wollte jedoch nicht nach Kisumu fliegen, sondern auf diese Weise etwas von der Landschaft sehen. Diesbezüglich wurde ich nicht enttäuscht: exotische Bäume und Pflanzen, Kühe und Ziegen, die entlang der Straßen grasten, die von dem roten Lehmboden durchzogene Landschaft, Teeplantagen, Kinder, die von der Schule nach Hause liefen, Männer, die ihrer Arbeit nachgehen, Frauen, die an ihren Ständen Obst und Gemüse anboten.

Ankunft im Mutter-Kind-Haus

Nach über 30 Stunden Anreise erreichten wir am Abend mit einer dreirädrigen Autorikscha (Tuc Tuc), dass ein wichtiges und beliebtes Transportmittel darstellt, das Mutter-Kind-Haus im Stadtviertel Manyatta, eines der vielen Slums in Kisumu. Lavender und Jennipher haben uns herzlich in Empfang genommen und auch Mary, Eunice und Quaila haben uns – wenn auch schüchtern – begrüßt. Weil Lavender uns ihr Zimmer zur Verfügung gestellt hat, hatten Michaela und ich ein Zimmer mit Hochbetten für uns allein. An diesem Abend wäre mir zwar alles Recht gewesen, aber so hatten wir zumindest ein bisschen Privatsphäre. Das folgende Wochenende nutzen wir um uns zu akklimatisieren, uns mit der Umgebung vertraut zu machen, ich um Lavender und Jenny kennen zu lernen und mich mit den drei Mädchen, die im Haus waren anzufreunden. An dieser Stelle muss aber gesagt werden, dass die „Girls“ bei weitem keine Kinder mehr sind. Zwar Besuchen Mary und Eunice noch die Secondary School, jedoch sind sie bereits 17 bzw. 18 Jahre alt – also junge Frauen. Nur die 7-jährige Quaila als jüngster Schützling und Tochter von Lavender ist ein kleines süßes schlaues
Mädchen. 
Wie alt man selbst ist, wie alt bereits Alpha-Care-Kenya e. V. oder Bruder Josephs Verein Hope Foundation Kenya e. V. ist, wurde mir schlagartig mit der Ankunft der Mädchen im Mutter-Kind-Haus bewusst. 

Gemeinschaft und Alltag leben

Im Namen der beiden Vereine lud Michaela alle zu einem Ausflug und verschiedene Workshops ein und somit war für 2-3 Tage die Hütte voll. Aus den Mädchen, die ich nur von Fotos und von Michaelas Erzählungen kenne wurden wunderschöne, selbstbewusste junge Frauen, die teils schon verheiratet sind und selbst wiederum Kinder haben. Und da es zum Erwachsen werden dazugehört für sich und seine (zukünftige) Familie Verantwortung zu übernehmen, führen wir verschiedene Workshops zum Thema Selbstreflektion und berufliche Zukunft durch. Dazu gehörten meditative Sitzungen und Gespräche über diverse Geschäftsideen. Es ist wichtig, dass die Mädchen gut versorgt sind und dazu müssen sie finanziell auf eigenen Beinen stehen, d. h. entweder eine Anstellung finden oder ein eigenes Geschäft eröffnen. Zu Letzterem hatten wir die Idee, dass eine oder mehrere ein Baking-Business starten könnten, um z. B. Kuchen oder Gepäck an örtliche Supermärkte zu verkaufen. Platz wäre im Mutter-KindHaus und selbst ein elektrischer Ofen stünde zur Verfügung, was keine Selbstverständlichkeit in dieser Gegend ist. Um hierfür Anreize zu schaffen ließen wir den Mädchen Donut machen und zeigten wie ein Biskuitkuchen gebacken wird. Sogar eine Buttercreme zauberten wir, um damit die Donuts zu füllen und den Biskuitkuchen geschmacklich und optisch aufzupeppen. Neben diesen ganzen Spaß verdeutlichte aber Michaela auch, dass die Existenz von Alpha-Care-Kenya e. V. und Hope Foundation Kenya e. V. und damit das Sponsoring endlich ist. Den schmalen Grat zwischen der fürsorglichen Mutter, die nur das Beste für Ihre Schützlinge will und gleichzeitig autoritäre Vorstand, der genau den richtigen Druck aufbaut, damit die Mädchen den Ernst der Lage erkennen und am Ball bleiben, hat Michaela meiner Meinung nach hervorragend bewältigt. Während unseres Aufenthalts kam das „Unterwegs sein“ und damit das Sammeln von vielen Eindrücken nicht zu kurz. So besuchten wir zusammen mit den Mädchen den Wildlife Impala Park am Viktoriasee, einen kleinen Nationalpark mit Zebras, Strauße, einer Baby-Giraffe usw. und unternahmen sogar eine „Hippo-Bootstour“, leider ohne Hippos dabei entdeckt zu haben

Abschied und Fazit

In Begleitung von Lavender brachten wir Mary zurück in ihr Internat, schließlich neigten sich die Ferien dem Ende zu und Michaela nutzte diese Gelegenheit, um mit der Rektorin zu sprechen. Da Marys Tante und Onkel nahe dem Internat leben, besuchten wir auch diese, um uns dafür zu bedanken, dass sie sich um Mary kümmern. Auch Irine Adhiambo begleiteten wir zuerst zu ihrer ehemaligen Schule, um eine noch offenstehende Gebühr zu begleichen und danach zu ihren Verwandten. Nahezu eine Woche waren wir jeden Tag unterwegs. Wir verließen vormittags das Haus und kamen meist erst kurz bevor es dunkel wurde wieder zurück. Stets Lavender an unserer Seite, die uns sowohl den Weg wies als auch wertvoll als taffe Feilscherin war, wenn es um die Fahrpreise ging. So schön wie die Besuche von Gottesdiensten, bei Brendas Großfamilie, bei Emmanuels Großeltern, in Janets neuem Zuhause, bei Jenniphers Familie und Quailas Vater auch waren, die Fahrten dorthin wurden irgendwann zur Tortur. Über Stunden in einem vollgestopften Matatu (16-sitziger Minibus, der nur mit 23 Fahrgästen losfährt!) bei 30°C zu sitzen, ging nicht nur auf die Knochen, sondern
teilweise auch auf die Stimmung. Die Fahrten mit den Tuc Tucs, die kurz vor der Tankstelle hielten, weil der Tank leerlief oder sich halsbrecherisch durch den dichten Verkehr schlängelten war nichts im Vergleich zu den Mopeds, die immer dann gerufen wurden, wenn das Gelände keine anderen Transportmittel mehr erlaubte. Selbstverständlich ganz im African-Style: ohne Schutzkleidung und Helm. Zusammengefasst können Michaela und ich behaupten während unseres Aufenthalts in Kenia all das gemacht zu haben, wovon Reiseführer nur abraten: Wir haben uns nicht nur einen Slum angesehen, wir haben im Slum gelebt; wir haben uns nicht immer ein Taxi gerufen, sondern sind auch in ein Matatu gestiegen; wir waren ohne Begleitung auf dem Markt in Kisumu und in Mombasa; wir waren einmal nach Einbruch der Dunkelheit noch draußen unterwegs, wir haben einigen Leuten Geld und Lebensmittel geschenkt. Ja, die afrikanische Kultur ist anders! Wer in Kenia europäisches Verhalten und Denken erwartet wird bitter enttäuscht werden. Ich kann jedem nur empfehlen mit offenen Augen, einer Portion Mut und Abenteuerlust sowie unbefangen und ohne Vorurteile das Land zu besuchen. Belohnt wird man indem man auf warmherzige Menschen trifft, die, obwohl sie so gut wie täglich ums Überleben kämpfen, ihre Lebensfreude, Geselligkeit und den Zusammenhalt bewahren. Dass meine Reise zu einem schönen Erlebnis wurde habe ich natürlich den Menschen zu verdanken, den ich begegnet bin bzw. die mich begleitet haben. Unsere Schützlinge, die sich sehr über Michaelas Besuch gefreut haben und auch mich in ihre Mitte mit aufgenommen haben, wenngleich sie mich nicht kannten. Jennipher und Lavender, die so viel Gastfreundlichkeit entgegengebracht haben, trotzdem wir ihren Alltag gehörig durcheinandergebracht haben. Ich genoss die Zeit, in der Jennipher mir „richtig“ Wäschewaschen zeigte oder ich mit beiden kochen durfte.

Danke – Asante Sana

Mein größter Dank geht an Michaela mit der ich nun seit 20 Jahren befreundet bin. So wie es in der Freundschaft Höhen und Tiefen gibt, hatten wir die auch während unserer Reise. Dennoch ist Michaela, die einzige Person mit der ich unbekannte Gegenden bereise, einfach, weil ich weiß, dass ich mich 100%ig auf sie verlassen kann. Mittlerweile bin ich seit mehreren Wochen wieder zuhause. Und es vergeht seitdem kein Tag, an dem ich nicht gedanklich kurz in Afrika bin. Die Reise hat mich resettet und ich sehe nun einige Dinge mit anderen Augen. Ich bin dankbar für warmes fließendes Wasser, froh darüber ein großes stabiles Dach über den Kopf zu haben und weiß mein Auto viel mehr zu schätzen, dass mich stressfrei und sicher von A nach B bringt. Diese und noch viele weitere Annehmlichkeiten sind für uns in Deutschland eine Selbstverständlichkeit. Wir arbeiten den ganzen Tag, um Geld zu verdienen, um damit wiederum unseren Luxus finanzieren zu können. Dabei sind wir nicht mehr in der Lage kurz inne zu halten und einfach das Wert zu schätzen was wir haben. Dazu gehören auch unsere Partner, Familie und Freunde, die wir in unserem stressigen Alltag aus dem Blick verlieren. Und wenn auch die meisten Afrikaner keinen materiellen Wohlstand kennen, so sind sie dennoch in puncto gesellschaftlicher Zusammenhalt, familiärer Verbundenheit und sozialer Umgang um einiges reicher als wir. 

 

Herzliche Grüße und vielen lieben Dank für Ihre/Eure Unterstützung ohne die unser Projekt nicht bestehen könnte.  

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